Sicherheit gewährleisten: Ehrenamtliche müssen entlastet und wertgeschätzt werden

Für viele Menschen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass nach Anruf des Notrufes, etwa bei Autounfällen, Hausbränden oder umstürzenden Bäumen in Folge von Unwettern auch möglichst zügig Retter:innen vor Ort sind und helfen können. Doch das Funktionieren dieser öffentlichen Sicherheit ist alles andere als selbstverständlich: Meist sind es ehrenamtliche Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren, die, egal zu welchen Uhrzeiten und Witterungsbedingungen, in die Stiefel springen und zur Wache eilen, wenn der Alarm kommt. Alles neben der Erwerbsarbeit, neben der Familie, neben ihren eigenen privaten Herausforderungen. Mehr als die Hälfte aller Einsätze für Hilfeleistungen in Thüringen und zwei Drittel aller Einsätze zur Brandbekämpfung werden durch die freiwilligen Feuerwehren bewerkstelligt. Damit durch den Anruf auf der 112 auch in Zukunft schnelle Hilfe kommt, benötigt es thüringenweit ein gleichwertiges Sicherheitsniveau. Über Jahrzehnte hat sich in Thüringen ein Investitionsstau aufgebaut, der sich bis heute bemerkbar macht und nicht innerhalb weniger Jahre komplett zu beheben ist.
 

Dennoch hat die Fraktion DIE LINKE gemeinsam mit ihren Partner:innen unter Rot-Rot-Grün den Sparkurs der CDU-geführten Vorgängerregierungen durchbrochen und viel auf den Weg gebracht.

Wurden in den acht Jahren bis 2014 noch insgesamt 109 Millionen Euro in die Bereiche Feuerwehr, Brand- und Katastrophenschutz sowie Rettungsdienste veranschlagt, sind es seit dem Regierungswechsel in den acht Jahren nach 2014 bis 2022 inzwischen rund 290 Millionen Euro. Gewaltige Summen, die auch in neue Fahrzeuge, Ausrüstung, Neu- und Umbauten von Gerätehäusern aber auch in die Aus- und Fortbildung sowohl im ländlichen als auch im städtischen Raum Thüringens fließen konnten. Die Personalstellen an der Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutz-Schule haben wir seit 2014 um knapp 60 Prozent erhöht, durch eine Mitgliederkampagne konnten viele Interessierte für die Jugendfeuerwehren gewonnen werden, deren Mitgliederzahl inzwischen um etwa 2.000 Personen höher liegt. Wir konnten das Brand- und Katastrophenschutzgesetz und das Rettungsdienstgesetz modernisieren, um den Berufsalltag der Rettungskräfte in Thüringen rechtlich zu verbessern und nachdem ein Vierteljahrhundert niemand die Entschädigungsverordnung angefasst hatte, konnten wir die dort festgesetzten Aufwandsentschädigungen deutlich erhöhen. Wir haben eine Leitstellenstrukturreform für ein hochmodernes Notrufmanagement angestoßen und an vielen Stellschrauben gedreht, von der Erhöhung der Jugendpauschale für Nachwuchskräfte der Feuerwehren bis zur Verdopplung des Festbetrages für den Feuerwehrführerschein.

Die Feuerwehren genießen großen Rückhalt in der Fraktion. Dennoch müssen wir müssen resümieren: Zunehmend mehr Hightech-Fahrzeuge in vielen Gerätehäusern oder Spezialausrüstung, wie etwa zur Waldbrandbekämpfung, sind wichtig, taugen jedoch nur bedingt, wenn nicht in adäquater Weise dauerhaft und langfristig entsprechendes Personal zur Verfügung steht, das diese Technik egal ob 2023 oder 2030 auch einsetzen kann. Ziel muss es sein, vom Altenburger Land bis in den Wartburgkreis, von Hildburghausen bis Nordhausen ein gleichgelagertes Sicherheitsniveau anbieten zu können. Dazu ist es wichtig, den bereits ehrenamtlich Aktiven, die in der Regel hoch motiviert sind, den Rücken zu stärken: Durch Entlastungen bei ihrer Aufgabenbewältigung, aber auch durch ein gutes Aus- und Fortbildungsangebot. Der Standort der Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule muss dazu dringend weiter modernisiert werden und offene Stellen besetzt werden, damit Kontingentierungen und Absagen bei Lehrgängen der Vergangenheit angehören. Die Förder- und Beschaffungspraxis wollen wir neu strukturieren, ebenso wie ein weniger bürokratisches Kostenerstattungssystem. Das Wichtigste einer flächendeckend einsatzbereiten Feuerwehr der Zukunft ist die Nachwuchsgewinnung und Sensibilisierung.


Dazu haben wir bereits im Haushalt 2020 zusätzliche 425.000 Euro verankert, um eine flächendeckende Brandschutzerziehung anzustoßen, die wir zudem zu einer Brand- und Katastrophenschutzerziehung ausweiten wollen. Unser Ziel: Bildung- und Nachwuchsanwerbung bereits in den Schulen an dieser Stelle konzentrieren. Solidarische Abdeckung von kritischen Infrastrukturen kann in der Zukunft nur generationenübergreifend gelingen: Leben retten geht alle etwas an! Die Erfahrungen aus dem Ahrtal-Hochwasser, aber auch der fehlgeschlagene Bundeswarntag lehren uns, dass wir Thüringen noch stärker für die Notbetreuung und medizinische Versorgung aufstellen müssen. Daher rüsten wir die Katastrophenschutzstrukturen, einschließlich der Vorhaltelager, etwa mit medizinischer Ausstattung, Sandsäcken, Einmalkleidung, Decken, Generatoren und Feldbetten sukzessive und auch im gegenwärtigen Haushalt weiter auf, um künftig auch bei größeren Schadensereignissen tausende Menschen versorgen und betreuen zu können Weil auch das Wissen um Warnsysteme, Sirenen, Krisenvorsorge und richtiges Verhalten im Notfall nicht überall verbreitet sind, haben wir mit zusätzlichen 150.000 Euro eine Landeskampagne zur Sensibilisierung für den Bevölkerungsschutz im Haushalt 2022 verankert. Zudem wollen wir die Weichen für einheitliche moderne Alarmierungssysteme stellen und die Digitalisierung voranbringen.


Während die Aufgaben für die Feuerwehren nicht geringer werden und der demografische Wandel seine Spuren hinterlässt, müssen wir jedoch auch kritisch diskutieren, inwiefern die Feuerwehr im Ehrenamt die Hilfe im Ernstfall dauerhaft und gleichwertig leisten kann: An welchen Stellen, z. B. bei Ölspurbeseitigung, allgemeiner Hilfe oder Bergung sind Entlastungen möglich? Wo gibt es Potenziale, bestimmte Funktionen, wie etwa Stützpunktfeuerwehren, hauptamtlich zu bedienen? Welche Kooperationsmodelle zwischen einzelnen Feuerwehren sind vorstellbar oder werden bereits erfolgreich praktiziert? Welche soziokulturellen Anreize oder Entschädigungen für Einsatzkräfte und welche Motivationen für Unternehmen, die ehrenamtliche Feuerwehrleute haben, können wir weiter ausschöpfen? Wie können wir noch besser eine Kultur des Respekts gegenüber den Rettungskräften gesellschaftlich vermitteln?